Digitalisierung ist ein sperriger Begriff mit vielen, sperrigen Unterbegriffen. Warum wir die Definition überdenken und uns nicht von Begrifflichkeiten abschrecken lassen sollten und was Digitalisierung für Sie und Ihr Unternehmen wirklich bedeuten kann.
Die Digitalisierung ist – nach der eigentlichen Begriffsdefinition – alles andere als neu. Digitalisierung bedeutet nichts anderes, als die Umwandlung von etwas Analogem in Bits und Bytes. Also zum Beispiel einen Brief scannen oder eine Schallplatte in MP3 umwandeln. In der ein oder anderen Form geschieht das schon seit den 70er Jahren – zumindest in Unternehmen und Regierungen. Seit der Einführung des PC außerdem in so ziemlich jedem Haushalt.
Das Problem, besonders in Deutschland, ist, dass seit etwa 10 Jahren unter diesem Schlagwort so ziemlich jede neue Technologie und jeder neue Trend im Internet zusammen mit mangelndem Breitbandausbau, Funklöchern und Sci-Fi-Dystopien in einen (Alu-)Hut geworfen werden.
So steht die medial ubiquitäre Digitalisierung aktuell eher als eine Art Sammelbegriff für nicht weniger sperrige, dafür umso mehr einschüchternde Wörter, wie Internet of Things, Künstliche Intelligenz, Virtuelle Realität, Industrie 4.0 oder natürlich Cloud. Big data, smart toaster, confused reader.
Das Problem des Begriffs „Digitalisierung“
Es gibt zwei Wege, die Digitalisierung und die dazugehörigen, sperrigen Wörter zu entmystifizieren:
1. Nicht von Unbekanntem einschüchtern lassen!
Künstliche Intelligenz, Cloud, … alle diese Wörter klingen nach extrem viel Technik, nach sehr viel Komplexität und nicht zuletzt auch sehr teuer. In gewisser Weise stimmt das natürlich – aber am Ende kochen doch alle wieder nur mit Wasser.
Eine kleine Entmystifizierung am Beispiel der „Cloud“:
„Meine Daten sind in der Cloud“ heißt einfach ausgedrückt nichts anderes als „auf einem Server“. Also „auf einem Computer mit Internetzugang“. Der Unterschied besteht hauptsächlich darin, dass dieser Computer (meist) nicht in den eigenen vier Wänden, sondern irgendwo in einem Rechenzentrum steht. Mit Sicherheit kann sich aber auch dieser Server dem Einfluss der Gravitation nicht entziehen und wird daher eher in Erd-, als Wolken-Nähe anzutreffen sein.
Praktisch ist dieses Konstrukt – neben Fotoalben – vor allem auch für Software. Nehmen wir das Beispiel Buchhaltungssoftware: anstatt diese auf jedem Rechner im Unternehmen installieren Updates verwalten zu müssen, liegt die Software einfach auf dem Server des Herstellers. Um darauf zuzugreifen brauchen die Mitarbeiter nur einen Browser. Um Updates kümmert sich der Betreiber ganz automatisch im Hintergrund und die Schnittstelle zum Steuerberater ist bereits vorbereitet und Millionenfach getestet. Meist wird diese Software dann monatlich gemietet – man spricht von abonnieren – statt gekauft. Unterm Strich ist das günstiger und einfacher als der Vollerwerb mit Lizenzkauf, Updatekauf, Einrichtung und Wartung einer eigenen Software.
2. Aus Worthülsen müssen im Kopf erst Möglichkeiten werden
Wir finden, Digitalisierung sollte inspirierend sein. Das reine Nennen der „Bestandteile“ hilft aber nicht dabei, die Digitalisierung einfacher, verständlicher und zugänglicher zu machen – es sei denn man setzt sich in aller Tiefe mit den jeweiligen Möglichkeiten auseinander. Ein kleines Gedankenspiel um dies zu verdeutlichen:
Stellen Sie sich vor wir eröffnen zusammen einen Einzelhandel in einem Ladengeschäft in der Innenstadt. Ich sage Ihnen nun drei Begriffe und Sie versuchen, ohne lange Nachzudenken, einen konkreten Mehrwert für uns daraus zu entwickeln. OK?
Los geht’s: Baum, Erz, Sand. Schon inspiriert? Wahrscheinlich nicht…. Dann weiter!
Verfeinern wir unsere Materialien: Was ist mit Holz, Metall und Ziegeln? Sie denken Hausbau? Schon besser!
Aber einen Laden haben wir ja schon also verfeinern wir weiter: Was ist mit Brettern, Scharnieren und Glas? Ein Schild vielleicht? Eine Vitrine oder eine Verkaufstheke? Here we go!
Mit den großen Begriffen der Digitalisierung verhält es sich ganz ähnlich: Es sind lediglich die Rohstoffe und Werkzeuge, es sind die großen, schweren und unhandlichen Teile, die erst zu etwas individuellem und passenden geformt werden müssen bevor sie wirklich Sinn ergeben. Und das geht - wie im guten Handwerk - nur mit Wissen, Erfahrung und Inspiration.
Übrigens: Genauso wie nicht jedes Unternehmen eine Ladentheke braucht, müssen und sollten nicht alle Unternehmen jedes denkbare Element der Digitalisierung bespielen. Es kommt ganz auf den jeweiligen Unternehmenszweck an und wo am meisten Potenzial oder Schmerz besteht.
Vom Druck, dabei sein zu müssen
Wer sich nicht digitalisiert, wird ausgeknockt. – Wladimir Klitschko
Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. – Carly Fiorina, CEO von Hewlett-Packard
Beide Aussagen sind zwar wahr, aber sie erzeugen Druck, wenn nicht gar Panik, die niemand brauchen kann, um gute, nachhaltige Resultate zu erzielen.
Eine der größten Gefahren der Digitalisierung sehen wir im blinden Folgen von Trends. Wir brauchen einen Onlineshop! Wieso haben wir nur 100 Follower bei Facebook? Und bei Twitter sind wir noch gar nicht! Wir sollten unbedingt einen Blog schreiben!
Kann alles sein, aber: Relax! Digitalisierung funktioniert nicht mit der Brechstange. Die wenigsten brauchen eine KI-gesteuerte Auswertung ihrer Verkaufsdaten, müssen alle Social-Media-Kanäle dirigieren und ihre Kaffeeküche mit einem Smart-Kühlschrank ausstatten.
Wenn sie einen scheiß Prozess digitalisieren, haben Sie einen scheiß digitalen Prozess! – Thorsten Dirks
Nicht jedes Geschäftsmodell oder jeder Prozess muss, sollte oder kann disruptiert werden. Und das darf auch gar nicht das Ziel sein.
Das Ziel sollte sein, Wege zu finden, wie die Digitalisierung Ihnen und Ihrem Unternehmen helfen kann. Wie Ihre Kunden glücklicher, Ihre Leistungen effizienter, Ihr Service holistischer, Ihr Produkt wertvoller gemacht werden kann. Wie Sie sich von Ihren Mitbewerbern abheben können oder sogar neue Wege der Kollaboration finden können.
Zwar ist alles möglich, aber sicher nicht alles sinnvoll in der Digitalisierung. Und um die Spreu vom Weizen zu trennen, muss man genau hinschauen: auf das Unternehmen, die Kunden, die Konkurrenz, die Branche…
Digitalisierung - wie wir sie sehen
Nennen Sie uns Neo-Romantiker, aber wir sehen in der Digitalisierung vor allem eines: Die größte Chance für Unternehmen besseres Marketing zu betreiben, besseren Service anzubieten und effizienter zu produzieren.
Wir verstehen die Digitalisierung als große Inspiration – sowohl zum Bau neuer Welten, als auch zum Konstruieren besserer Werkzeuge. Zum Gehen neuer Wege oder zum 5-spurigen Ausbau bestehender Straßen.
Wir glauben nicht daran, dass Deutschland (abgesehen vielleicht vom Breitband und der Staats-Bürokratie) ein digitales Entwicklungsland ist. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass enorm viel Potenzial ungenutzt ist. Hauptsächlich, weil die richtigen Möglichkeiten noch nicht gefunden, die richtigen Ideen noch nicht gedacht wurden.
Wie bei jeder Neuerung die grundlegende Veränderungen hervorrufen kann, gibt es dabei natürlich Hürden. Die fangen im Kopf an und gehen über die Organisation bis hin zum Datenschutz. Es ist und bleibt aber trotzdem eine Chance. Für uns eine sehr inspirierende dazu.
Jedes Unternehmen darf und kann mehr Digitalisierung wagen. Und mit den richtigen Schritten tut es gar nicht weh, sondern öffnet neue Horizonte. Ganz ohne verwirrende Monster-Begriffe. Versprochen!